Ob Krankenhausarzt oder Feuerwehrmann, Heizungsbauer oder Klempner: In zahlreichen Berufen ist es wichtig, dass Arbeitnehmer auch außerhalb ihrer normalen Arbeitszeiten spontan einsatzbereit sind. Denn Brände, Geburten, Heizungsausfälle oder Rohrbrüche halten sich nun mal nicht an die gängigen Arbeitszeiten und treten auch nachts oder am Wochenende auf. Und dann ist schnelles Handeln gefragt.
Wie viele Arbeitnehmer in Deutschland regelmäßig oder gelegentlich Bereitschaftsdienste absolvieren oder als Rufbereitschaft zur Verfügung stehen, wird nirgends statistisch erfasst. Experten gehen aber davon aus, dass ihre Zahl in den vergangenen Jahren deutlich zugenommen hat.
Während ein Bereitschaftsdienst in der Regel als Arbeitszeit gilt und dementsprechend mit einem bestimmten Stundensatz vergütet werden muss, ist das bei einer Rufbereitschaft nicht der Fall. Juristisch entscheidender Unterschied dabei ist, wo sich der Arbeitnehmer aufhalten muss: Verpflichtet er sich, auf dem Betriebsgelände oder an einem anderen festgelegten Ort zu bleiben, ist das ein Bereitschaftsdienst und damit Arbeitszeit. Das gilt selbst dann, wenn sich der Arbeitnehmer währenddessen ausruhen kann oder wenn der festgelegte Aufenthaltsort seine Privatwohnung ist.
Auch im Bereitschaftsdienst gilt der Mindestlohn
„Die Bezahlung im Bereitschaftsdienst ist immer unterschiedlich geregelt“
Traditionell seien solche Vergütungen immer ein bisschen niedriger als das normale Arbeitsentgelt. Das Bundesarbeitsgericht hat allerdings entschieden, dass Arbeitgeber auch in der Bereitschaftszeit Mindestlohn zahlen müssen. Letztlich hängt die Bezahlung vom tatsächlichen Arbeitsinhalt ab, dazu kommen Feiertags- und Nachtzuschläge.
Wie oft der Arbeitnehmer einen Bereitschaftsdienst übernehmen muss, wird ebenfalls in den verschiedenen Verträgen, Vereinbarungen oder Gesetzen festgelegt. „Wenn der Bereitschaftsdienst sehr intensiv ist, dann wird man eher dazu tendieren, ihn wie eine normale Arbeitszeit anzusehen“. So sind beispielsweise Bereitschaftsdienste in Krankenhäusern in vollem Umfang als Arbeitszeit anzusehen, hat der Europäische Gerichtshof in Luxemburg entschieden.
Rufbereitschaft wird meist mit Pauschale vergütet
Darf der Beschäftigte frei wählen, wo er sich aufhält und was er macht und muss nur dazu in der Lage sein, im Bedarfsfall zeitnah am jeweiligen Einsatzort zu erscheinen, ist das eine Rufbereitschaft. Diese wird nicht als Arbeitszeit, sondern meist mit einer Pauschale vergütet. Bezahlen müssen Arbeitgeber ihre Angestellten aber auch dafür in jedem Fall, unabhängig davon, ob diese währenddessen tatsächlich zur Arbeit gerufen werden.
Wird man während der Rufbereitschaft zur Arbeit gerufen, gilt das als ganz normale Arbeitszeit, die auch – zusätzlich zur vereinbarten Bereitschaftspauschale – ganz normal bezahlt werden muss. Wer aus der Rufbereitschaft zur Arbeit geht, hat deshalb je nach Wochentag und Uhrzeit auch Ansprüche auf Zuschläge für Nacht- oder Sonntagsarbeit.
Die Abgrenzung zwischen Rufbereitschaft und Bereitschaftsdienst folgt relativ strengen Regeln. So darf beispielsweise die in der Rufbereitschaft vorgegebene Reaktionszeit nicht zu kurz sein, hat der Europäische Gerichtshof entschieden (Aktenzeichen: C-518/15). In dem Fall ging es um einen Feuerwehrmann, der auf Abruf innerhalb von acht Minuten auf der Wache sein musste. Das war dem Gericht zu wenig: Arbeitnehmer in Rufbereitschaft müssten dazu in der Lange sein, privaten Tätigkeiten nachzugehen – ohne die Gefahr ständiger Unterbrechungen, bei denen sie sofort alles stehen und liegen lassen müssen, befanden die Richter.
Erreichbarkeit muss sichergestellt sein
Erreichbar sein müssen die in Rufbereitschaft befindlichen Mitarbeiter aber in jedem Fall. „In Zeiten der Rufbereitschaft müssen Arbeitnehmer dafür Sorge tragen, dass sie Anrufe empfangen können“. Arbeitsrechtliche Konsequenzen drohen aber insbesondere, wenn man sich im Bereitschaftsdienst befindet und nicht erreichbar ist. „Das wäre so, als ob ich morgens nicht ins Büro gehen würde“, erklärt Eckert. Auch die Ausrede, man habe gerade keinen Empfang gehabt, zählt dann nicht.
Es gibt keine Obergrenzen dafür, wie häufig und wie lange Arbeitnehmer in Rufbereitschaften oder Bereitschaftsdiensten eingesetzt werden dürfen. Falls der Tarifvertrag nichts anderes regelt, gelten die ganz normalen Höchstarbeitszeiten: Zehn Stunden je Tag sind das Maximum. Im Schnitt, über ein halbes Jahr gerechnet, sollten es nicht mehr als acht Stunden pro Tag sein. Und zwischen den Diensten müssen mindestens elf Stunden Ruhephase liegen.
Rufbereitschaft muss vertraglich vereinbart sein
Arbeitnehmer müssen es sich im Zweifel nicht gefallen lassen, dass der Arbeitgeber neue Rufbereitschaften anordnet, wenn das nicht im Arbeitsvertrag steht und es auch nicht in einer Betriebsvereinbarung oder im Tarifvertrag vorgesehen ist. So entschied das Hessische Landesarbeitsgericht, dass der Arbeitgeber sein Weisungsrecht überschreite, wenn er Rufbereitschaften ohne vertragliche oder tarifvertragliche Regelung anordne (Az.: 12 Sa 1606/06).
In dem von den hessischen Richtern verhandelten Fall ging es um einen IT-Spezialisten, der an Wochenenden mehrere hundert Kilometer weit in den Ort pendelte, in dem seine Kinder wohnten, die er abwechselnd mit seiner früheren Frau betreute. Dies funktionierte so lange, bis der Arbeitgeber sich entschloss, Rufbereitschaften am Wochenende einzuführen, in denen der Mitarbeiter innerhalb kurzer Zeit am Arbeitsort verfügbar sein sollte. Der IT-Spezialist sträubte sich und wurde zunächst wegen Arbeitsverweigerung gekündigt. Die Richter erklärten jedoch sowohl die Kündigung als auch die Anordnung der Rufbereitschaft für unwirksam.